Basis für diese Kompetenzen:
unsere ganzheitliche Präsenz im Hier und Jetzt, d.h. wir müssen gut im Körper verankert sein, sonst verliert unser Geist bei emotional brisanten Themen schnell die Klarheit und Gelassenheit.
Verkürzter Auszug aus: https://organicstrategies.de/4-kompetenzen-fuer-eine-dialogkultur-in-unternehmen/
„1. Zuhören
Die Qualität des Zuhörens ist entscheidend für das Gesprächsergebnis. Im Dialog geht es darum, zuzuhören und gleichzeitig unsere eigenen Reaktionen und Widerstände wahrzunehmen ohne darauf zu reagieren. Das bedeutet, über unser eigenen Gedanken und Annahmen hinaus zu hören, indem wir innerlich still werden. Anstatt das Gesagte in unsere bereits bestehenden Denkschubladen einzuordnen und von dort aus zu reagieren, wird es möglich ohne die üblichen Vorbehalte im Hier und Jetzt einander im gesprochenen Wort wahr zu nehmen. Die Intention des achtsamen Wahrnehmens führt zu einer tieferen Erkenntnis des Selbst und des Anderen und schafft eine neue Basis für das Gespräch. Erst wenn wir zuhören ohne uns in eigenen Gedanken und Gefühlen zu verfangen, kann Raum für Verständigung und Neues entstehen.
Über das individuelle Zuhören hinaus gibt es noch eine weitere Ebene des Zuhörens, die in Gruppen kultiviert werden kann: das Hinhören auf das Ganze. Was will die Gruppe, von der ich ein Teil bin, als Ganzes zum Ausdruck bringen? Die Übung des gemeinsamen Zuhörens auf das, was jenseits der individuellen Befindlichkeiten liegt, ermöglicht den Zugang zu neuen Ebenen der Einsicht und des Gemeinschaftsgefühls. Auf dieser Ebene werden Dilemmata zwischen Interessen der Einzelnen und des Gesamten fühlbar und können in weiteren Schritten des Dialogs bewusst thematisiert werden.
2. Respektieren
Respekt im Dialog bedeutet die Position des anderen in dem Wissen anzuerkennen, dass man sie niemals vollständig verstehen kann. Ursprünglich stammt das Wort vom lateinischen respectus bzw. respicere ab, „zurückblicken, überdenken, berücksichtigen“. Wenn wir etwas respektieren, nehmen wir das, was auf den ersten Blick offensichtlich ist, nicht als finale Information an. Wir schauen erneut hin und berücksichtigen das, was sich auf den zweiten oder dritten Blick zeigt, ja sogar auf den hundertsten. Es bedeutet anzuerkennen, dass wir komplexe Wesen mit vielen unterschiedlichen Facetten sind und in diesem Sinne nie in Gänze verstanden werden können. Respekt bedeutet, durch das Zurückblicken und Überdenken den anderen in seiner Komplexität ernst zu nehmen.
Eine gute Übung zur Kultivierung von Respekt ist, die anderen als vollkommen anders wahrzunehmen und davon auszugehen, dass wir nichts verstehen. Anstatt das Gegenüber in die gewohnten Kategorien einzuordnen, stellen wir fest, dass keine unserer Schubladen geeignet ist. Damit sind wir gefordert, andere neu und anders zu sehen: die Essenz des Respektierens.
3. In der Schwebe halten
Im Dialog gilt es, Annahmen, Sicherheiten, Emotionen und Urteile in der Schwebe zu halten, um die Frage hinter der Frage erkunden zu können. Sobald wir auf die offensichtlichen Fragestellungen in einem Gespräch eingehen, vergeben wir uns die Chance, auf einer tieferen Ebene zu sprechen und geraten leicht in eine wenig ergiebige Diskussion. Wenn wir gewohnheitsmäßige Reaktionen in der Schwebe halten, sind andere Fragen möglich. Wir beginnen zu erkennen, was fehlt oder was das Weiterkommen behindert. Eine tieferliegende Ordnung wird sichtbar, aus der heraus wir neu und anders denken können.
Diese Fähigkeit ist essenziell um Gruppendenken zu enttarnen. Tief liegende und blockierende Denkmuster können sichtbar werden, wenn es einer Gruppe gelingt, ihre Reaktionen in der Schwebe zu halten. Anstatt sich wie gewohnt auf eine bestimmte Denkrichtung zu fixieren und abweichende Meinungen nicht mehr zuzulassen, entsteht in der Schwebe Raum für das bisher Unsichtbare, Ungesagte und Unerhörte: die Voraussetzung für Kreativität und Innovation.
4. Sich selbst einbringen
Die Fähigkeit, sich aus einer dialogischen Grundhaltung heraus einzubringen bedeutet, seiner eigenen Stimme authentischen Ausdruck zu verleihen und das zur Verfügung zu stellen, was einen in diesem Augenblick bewegt und beschäftigt. Es geht darum, sich als ganzer Mensch einzubringen und nicht, wie gewohnt, Teile unserer eigenen Wahrheit zurückzuhalten. Die innere Selbstzensur zu überwinden ist in sich selbst eine dialogische Übung, denn auch die Selbstzensur ist Ergebnis unhinterfragter Annahmen und Begrenzungen.
Stattdessen gilt es, Vertrauen in Stille zu entwickeln, verbunden mit dem Mut in die Leere mit etwas hineinzugehen, dass noch nicht zu Ende gedacht ist oder der herrschenden Meinung zuwider läuft. Das kann bedeuten, dass wir anfangen zu sprechen ohne zu wissen, was wir sagen werden. Wie in einer Jazzband lernen wir zu improvisieren und erschaffen dadurch etwas Neues als Gruppe. Dann erleben wir die Freiheit der offenen Kommunikation im schöpferischen Dialog.
Diese 4 dialogischen Fähigkeiten ergänzen sich gegenseitig und entfalten ihre Wirkung erst im Zusammenspiel. Voraussetzung ist die Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen und Vertrauen wachsen zu lassen. Dies wird in einen geschützten Raum und mit einem klaren Rahmen ermöglicht. Durch die regelmäßige Praxis entstehen im Dialog zunehmend mehr Leichtigkeit und Tiefe, die sich auch auf andere Bereiche der Kommunikation auswirken. Die Erfahrungen mit Dialogrunden in Unternehmen zeigen, dass Gruppen das Format als Plattform für den freien Gedankenaustausch schätzen lernen. Mit der Zeit werden Elemente der dialogischen Haltung wie von selbst in den Arbeitsalltag und in Routinebesprechungen integriert. In einem organischen Prozess entsteht also durch eine Dialogkultur ein freierer Informationsfluss, der neue und kreative Handlungsspielräume befruchtet.“